Koh Phangan- eine Insel gegen Einsamkeit
Seit ich nun schon 3 Wochen auf Koh Phangan residiere, komme ich langsam in ein anderes Fahrwasser. "Anderser" könnte die Erfahrung zu Sri Lanka gar nicht sein.
Die Insel empfing mich nach einem Vollmondnachtflug mit umarmenden grauen Wolken und viel Wind. Auf dem Weg zum Bungalow- den ich noch nicht gebucht hatte, da die Betreiber nicht bei Booking.com waren- hörte ich Musik. Beim Betrachten der vorbeirauschenden Shops mit Hippiekleidern und Ibiza-Style-Stoffen und Cafes drangen die Worte mantraartig an mein Ohr: „Im coming home, I´m coming home, I´m coming home“.
Der Fahrer bog in eine Sandstraße ein, die löchrig wie ein Schweizer Käse den Weg zum Meer ebnete. Auf dem geräumigen Parkplatz entlud der Fahrer die deutsche Touristin und wies in eine Richtung. Etwas ratlos, aber Gott sei Dank mit G5 all inclusive Sim-Karte ausgestattet, rief ich in der Pension an. „Full full“ war die Antwort. Okay!? Ich dachte es sei Nebensaison...das scheint für Koh Phangan nur bedingt zu stimmen. Auf Google maps fand ich eine weitere Pension- ein Coworking Place. Zwar hatte ich mir extra einen Hybridkoffer gekauft, den man auch als Rucksack tragen kann, der Umbau jedoch erforderte etwas Zeit und dazu war ich zu aufgeregt. Ich zog das Designerteil durch den Sand hinter mir her und konnte 20 Minuten später einen hellen Strandbungalow mein Zuhause nennen. Zumindest bis zum nächsten Tag! War teurer als angenommen. 39€ pro Nacht sind hier schon ne Hausnummer. Das sind halt die digital-Nomads-Preise. Egal- erst einmal orientieren und dann was anderes finden. Nach einer Mütze Tiefschlaf am Nachmittag wagte ich mich an den Strand und stapfte barfuß durch den warmen Sand Richtung ZEN Beach. Die Luft warm, das Wasser warm, der Himmel nicht mehr ganz so grau. Um die Kurve breitete sich die Szenerie aus wie ein Hochglanz-Zeitungsartikel. Weicher, weißer Sand, Strandbar mit DJ und Clubsound aus den großen Boxen, mintgrüne, tiefergelegte und nach hinten ausgerichtete Strandstühle besetzt mit Menschen und Drinks und Joints, Akroyogaten, Jonglierer, Kinder, Hunde, eine Massageplattform und unzählige gutaussehende Männer und Frauen einem Arthouse Film entsprungen, die in reger Unterhaltung, am meditieren, am Nacktbaden oder Flirten waren. Ganz benommen von meinem Jetlag, dem kraftvollen Vollmondgefühl, dem Pulsieren in meinem Körper schritt ich mehr als das ich schlenderte. Dort hinten saß jemand mit nacktem Oberkörper, der Atemübungen zu machen schien. War das nicht der Typ aus FB, der seine Wohnung untervermieten wollte? Ich suchte seinen Blickkontakt. Er erwiderte meinen Blick und lächelte mir zu. Ermutigt kam ich auf ihn zu. Es stellte sich eine gegenseitige Verwechslung heraus. Anscheinend gibt es auf der Insel eine Frau, die mir ähnelt und ein Geschäft betreibt. Wie dem auch sei, Laurent nahm mich kurzerhand mit zu einer Cacao-Zeremonie. Im Orion Healing Center fand ich mich in einem kuscheligen Setting wieder... Feuerschale mit Blumen und duftendem Räucherwerk, Teppiche und Sitzkissen ums Feuer drapiert, Dschungelfeeling mit viel Grün drumherum und einem offenen Sternenhimmel. Junge und alte Musiker mit Flöte, Geige, Gitarre, Trommeln usf. gaben dem Ganzen den Schliff. Und zu guter Letzt die ernst dreinschauende Schamanin, die mit einer gewissen Autorität in das Ritual einging. Rasseln und Ähnliches wurden an die Teilnehmenden verteilt, Kinder saßen an ihre Eltern geschmiegt. Ich konnte es nicht fassen: Vor 4 Jahren las ich in einem Online-Magazin von der Living-Community auf Koh-Phangan und von dem Moment an war es mein Wunsch zu erkunden, wie sich die Mitgliedschaft wohl anfühlen mag. Und obwohl ich keine genaueren Infos vorher von Bekannten erhalten hatte, hat mich das Leben geführt und direkt in den Schoß der Residentials geführt. Welch ein Willkommens-Geschenk. Ich fühlte mich erhört, berührt und beschwingt durch diese Fügung.
Konnte das denn wahr sein?
Es stellt sich ein eigenartig irritierter Zustand ein, wenn man realisiert, dass etwas echt wird, dass zuvor fiktiv und nichts weiter als eine Wunschvorstellung gewesen war. Und so präzise. Und es ist jetzt nicht so, dass Laurent und sein Tribe meine Freunde geworden wären. Ziemlich eindeutig haben sie mich nach ein paar Gesprächen auch wieder "ausgespuckt“- ich war für sie wohl eher die ihr Einkommen vermehrende Touristin, denn eine aufregende Gesprächsparterin?!- und dennoch hatten sie für mich die Funktion erfüllt hier auf dieser Insel zu landen. Nun gut- statt mit ihnen im Night Market zu Abend zu essen, saß ich einige Meter entfernt und wartete auf mein Tschatschuka. Ich nahm bei zwei benommen dreinschauenden Männern Platz und wir kamen ins Gespräch. Offenbar wird das Angebot der legalen Einnahme von Cannabis kräftig unterstützt. Diese zwei Gestalten waren zuvor in Indien gewesen und befassten sich mit Musik.
Nati sprach die Empfehlung aus, mich in den Osten der Insel zu begeben. Dort sei es sehr viel ruhiger und einige Buchten seien nur mit Boot zu erreichen. So wie „The Sanctuary“. Das solle ich mir doch auf jeden Fall mal anschauen. Später auf meinem Weg zurück gabelte er mich erneut auf und brachte mich zu meinem Bungalow...noch vollkommen orientierungslos hatte ich die Abzweigung verpasst.
Ja, diese Insel hat mich mit offenen Armen empfangen und sich um mich „gekümmert“.
Jetzt- 5 Wochen später kann ich sagen: Vor lauter Socializing und Parties und Selbstverwirklichungsangebote bleibt einem kaum Platz zum Rückzug. Das kann man positiv und auch nachteilig einschätzen. Ich hatte großes Glück nach einigem Hin und Her einen ruhigen Bungalow im Grünen in dritter Reihe vom Meer zu finden. Leam Son. Überhaupt habe ich erst jetzt verstanden, dass ich aufgrund des einen entscheidenden Hinweises in der FB-Gruppe genau den richtigen Spot der Insel ausgemacht hatte. Hier in Srithanu ist das Zentrum der Alternativen, hier ist der Zen Beach, mit dem Get together des Abends, hier sind die Shops und Cafes. Und hier bin ich am Strand und kann zu Fuß alles erreichen und habe trotzdem ruhige Strand- und Gartenidylle. Es gab zwei Bungalow-Anlagen, die ich mir etliche Male zuvor auf Google Maps angeschaut- und von denen ich geträumt hatte, weil die Bilder so schön waren...zu teuer für einen Single. Beide habe ich nun im Vorbeiziehen gesehen- und war gleichzeitig etwas enttäuscht über die jeweilige Lage und gleichzeitig noch glücklicher, weil ich jetzt spontan so eine gute Wahl getroffen hatte!
Der Vibe der Insel und insbesondere von Srithanu ist komplex. Spontan fiel mir das Bild des großen Abenteuerspielplatz für Erwachsene ein. Ein Gesprächspartner fand- "wie ein andauerndes Festival". Wie ewiger Verliebtheitszustand. Das kann auf Dauer auszehrend sein, wenn Du keine Balance findest, oder Dich um Deinen Rückzug kümmerst...oder Du bist einfach unempfindlich. Etliche Cafe´s bieten die ganze Bandbreite italienischer Kaffeekunst und veganen probiotischem Lebenswandel an, klimatisierte Arbeitsplätze und entspannte Designs. Daneben die traditionelle Thaiküche in fragwürdig schäbig anmutenden Restaurants- sehr improvisiert und einfach. Erstaunlicherweise sind die öffentlichen Toiletten hier ein Vorbild an Sauberkeit...das können die Deutschen sich mal abschauen;)
Natürlich zieht die Legalisierung von Cannabis dementsprechendes Publikum an, überall riechst Du es in den Cafe´s auch schon am morgen. Der Konsum zieht sich wie ein roter Faden durch alle Gesellschaftschichten. Daneben dann die absoluten Gesundheitsfreaks mit Kratom, Kraftsport und Eisbad, die keinen Tag ohne Xantiva -DEM GYM auskommen. Daneben die- ich sag jetzt mal ganz spitz (und ich denke ich darf das- komme ich doch aus derselben Ecke)- „verlorenen“ Spiriseelen, die durch etliche Workshops versuchen, dem inneren Chaos und Schmerz beizukommen...Und natürlich die passenden Lehrer, welche entweder tatsächliche leuchtende Sterne am Orientierungshimmel sind, oder auch echte gefährliche Arschlöcher, die das Leid ihrer Kunden schamlos zu ihrem Vorteil nutzen.
Weiter im Norden beim Haad Yao Beach finden wir vermehrt die Digital Nomads, Richtung Haad Rin Beach auch ganz viele unspirituelle Normalos. Dort finden auch die schreienden Full-Moon-Parties statt, die aus einem einzigen Meer aus Krach und LED und Reizen zu bestehen scheinen. Die Insel mausert sich zu einem explodierenden Tourismusstandard wie etwa Koh Samui. Noch ist der Unterschied spürbar, noch die Straßen staubig und die Töne des Dschungels hörbar. Bleibt zu hoffen, dass die weiteren Entwicklungen ein wenig von dem Hokuspokus-Flair übrig lassen.
Die Erfahrung, warum Koh Phangan auch „Sticky Island“ genannt wird, ist meiner Meinung nach auf die Bindungsebene zurückzuführen. Mit allem, was ich bisher über Bidnungsstile lernen durfte, würde ich die Behauptung aufstellen, dass hier in Srithanu ein Großteil unsicher gebundener Menschen dauerhaft leben. Was diese Insel von anderen schönen Feriendomizilen der Welt unterscheidet, ist der Community-Vibe. Hier hast Du internationale Menschen, die jeden willkommen heißen und Du binnen kürzester Zeit vernetzt bist. Unterschiedliche FB-Gruppen, WhatsApp-Gruppen und der tägliche Kontakt mit immer wieder denselben Menschen schafft Verbindung. Verbindung ohne sich zu sehr darauf einlassen zu müssen, sodass der ambivalent/ängstliche Typ auf jeden Fall immer Kontakt hat, und der vermeidende Typ eine Form äußerlich gegebener Unverbindlicheit, sodass er sich sicherer fühlen kann. Kontakt findet durch die Events und Workshops statt, Touristen kommen, haben hier mit einem vermeidenden Lover eine schöne Zeit und „müssen ja dann wieder gehen“, weil ihr Ulraub zu Ende ist. Wunderbar für den vermeidenden Typ, um erstmal nicht in Bedrohung zu geraten. Aber eben auch die Erfahrung von bleibender Verbindlichkeit umschiffend, sodass verändernde Erfahrungen zu diesem Thema nicht aufkommen können. Schmerzhaft ist es aber nicht so, da ja immer wieder neue Begegnungen kommen und die bleibenden im „Light-Kontakt“ des Hallo´s zum Frühsück im Cafe´ stetig sind. Hier fühlt sich niemand so allein, wie in unseren Großstädten oder konservativen Dörfern, wo Isolation als Single stärker spürbar ist. Eine Insel gegen Einsamkeit.
Ich bin noch am Finden, wie ich das Ganze sehen und verdauen möchte. Ich sehe das Gute darin und die Gefahr.
Und welchen Platz nehme ich in dem Ganzen ein? Ist hier ein Platz für Mila? Nährt mich dieser Ort? Bereichert mich der Umgang mit den hiesigen Menschen ? Kann ich hier einen Beitrag leisten?
Das erfährst Du in meinem nächsten Blogbeitrag;)
Bis dahin
Übernehme Selbstverantwortung für Deine "Zustände". Wenn Du in Stress gerätst, frage Dich: Ist dieser Moment tatsächlich gerechtfertigt stressig, oder ist Dein Körperzustand gekoppelt an einen "alten Stress", an etwas, was Dein Körper schon ganz lange kennt und immer wieder mit diesem "Discomfort" reagiert? Schau was passiert, wenn Du Dich ganz diesem unguten Gefühl in Dir zuwendest und es mit Deiner wohlwollenden Präsenz "trägst". Und zwar solange, wie es eben dauert.
(Das kannst Du auch bei einem Coaching zusammen mit Deinem Partner bei mir mit der Couple Care Methode lernen. Wenn Du neugierig bist, buch doch gerne eine Erstberatung bei mir und wir können schauen, was Ihr für euer Lebens- und Liebesglück am meisten braucht!)
Von Herzen
Eure Jamila
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